„Palliativmedizin - eine Selbstverständlichkeit: Abschiedsvorlesung unseres ehemaligen Direktors Prof. Dr. Friedemann Nauck vom 29.09.2023

„Palliativmedizin - eine Selbstverständlichkeit": Abschiedsvorlesung von Professor Dr. med. Friedemann Nauck an der Universitätsmedizin Göttingen mit vielen Gästen. Ehrung durch die Arztekammer Niedersachsen mit der Ehrenplakette

Bericht im Ärzteblatt (pdf.-Datei 10/23)

Aus dem Bericht des Nds. Ärzteblattes:

Ein brechend voller Hörsaal und mehrmals an diesem Nachmittag „Standing Ovations": Vielen Menschen war es am 29. September 2023 ein großes Anliegen, Professor Dr. med. Friedemann Nauck im Hörsaal 81 der Göttinger Uniklinik, in den Ruhestand zu verabschieden. Der gebürtige Tübinger hat nicht nur mit dem Ruf an die Universitätsmedizin Göttingen (UMG) 2006 den ersten Lehrstuhl für Palliativmedizin in Niedersachsen übernommen, sondern gleichzeitig damit begonnen, die Klinik für Palliativmedizin auf- und auszubauen. Inzwischen gehören zum Palliativzentrum der UMG neben der Palliativstation ein Palliativ- dienst, ein Konsiliardienst, eine Ambulanz, eine Poliklinik,ein Dienst der Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV), ein Ehrenamtlicher Dienst mit mehr als 100 geschulten Ehrenamtlichen, ein Angebot zur Trauerbegleitung sowie die Koordination eines Netzwerks für die Stadt und den Landkreis Göttingen. Darüber hinaus hat Nauck als Arzt, Lehrender und Forscher weitere Palliativangebote sowie vieles andere mehr mit auf den Weg gebracht.

Diese Leistung, was Nauck alles in Göttingen geschafft und geschaffen habe, und diese beeindruckende Strahlkraft, die er dabei entwickelt habe, würdigte-als erster Festredner mit warmen, herzlichen Worten der ständige Vertreter des Dekans der Medizinischen Fakultät Professor Dr. med. Michael Schön. Mit einer filmischen Grußbotschaft schlössen sich daran an der UMG-Vorstandssprecher Professor Dr. med. Wolfgang Brück und Professor Dr. Metin Tolan, Präsident der Universität Göttingen. Beide äußerten ihr Bedauern, nicht persönlich an NaucksAbschiedsvorlesung teilnehmen zu können: „Ich hätte gerne einen Vortrag über die Physik der Zuversicht gehalten", gestand Tolan.

„Es brauchte einen Kümmerer wie Sie", dankte in ihrem Grußwort Dr. med. Martina Wenker dem Palliativmediziner für die vielen gemeinsam realisierten Projekte: „Das war eine unfassbar ergiebige, großartige Zusammenarbeit", sagte die Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen (ÄKN) und erinnerte daran, dass Nauck zum Beispiel das von der Ärztekammer initiierte Modellprojekt „SUPPORT" (Südniedersächsisches Projekt zur Qualitätssicherung der palliativmedizinisch orientierten Versorgung von terminal kranken Tumorpatienten) konsequent und mit großem Engagement aufgegriffen und weiterentwickelt habe: Ein weiteres wichtiges gemeinsames Projekt sei 201 5 die Gründung des Göttinger Netzwerks ambulante Ethikberatung (NEG) als Beratungsstelle für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte zur Unterstützung in schwierigen ethischen Entscheidungssituationen'und bei Fragen der Sterbebegleitung gewesen, berichtete Wenker. Die Ärzteschaft habe zudem von vielen Veranstaltungen, Symposien, Fachtagungen und Fortbildungen zum Beispiel im Rahmen der Langeooger Fortbildungswochen mit Nauck profitiert, so die Präsidentin und verwies darüber hinaus auf die gemeinsame Artikelserie mit Professor Dr. jur. Dr. h. c. Volker Lipp und Professor Dr. phil. Alfred Simon im „Deutschen Ärzteblatt", in der „die Grundsätze der ärztlichen Sterbebegleitung bekräftigt und die Möglichkeiten einer fürsorglichen Medizin am Lebensende konkretisiert wurden". Herausragend sei aber vor allem neben seiner Arbeit in Kranken Versorgung, Forschung und Lehre Naucks Leistung als „Netzwerker" gewesen: „Sie waren immer ansprechbar und wenn Sie sich einmal einer Sache angenommen haben, dann war ihr der Erfolg schon sicher."

Ähnlich lautete auch der Tenor der schätzenden Worte, die Professor Dr. jur. Dr. h. c. Volker Lipp, Gründungsrektor und Mitglied des Zentrums für Medizinrecht der Universität Göttingen, an Nauck in seiner Einführung in die Abschiedsvorlesung richtete: Der Jurist lobte, dass der Palliativmedi-ziner nie die Person, sondern stets die Sache in den Vordergrund gestellt habe. Sie seien damals über ethische und rechtliche Fragen rund um die Palliativmedizin ins Gespräch gekommen, erinnerte Lipp und berichtete, diese Zusammenarbeit habe unter anderem zur Gründung des Göttinger Zentrums für Medizinrecht geführt.

Mit dem Titel seiner Antrittsvorlesung „Palliativmedizin - ein Konzeptfürdas Leben" habe er sich damals in Göttingen vorgestellt, blickte schließlich auch Nauck selbst zurück auf die erste Zeit an der UMG. Damals sei es wichtig gewesen, zu zeigen, dass Palliativmedizin mehr sei als „End of live care": „Mir war es in den vergangenen 17 Jahren ein Anliegen, die Gesellschaft-Bürgerinnen und Bürger mitzunehmen auf diesen Weg und zu vermitteln, warum wir die Palliativmedizin brauchen." Inzwischen sei die Palliativmedizin gemäß dem gewählten Titel derAbschiedsvorlesung „Palliativmedizin - eine Selbstverständlichkeit" und nicht nur als Fach in Klinik, Lehre und Forschung etabliert, stellte Nauck zufrieden fest: „Vielmehr haben wir heute in der Stadt und im Landkreis Göttingen zudem ein Netzwerk und ein Miteinander, wie es kaum eine Region in Deutschland kennt." Mit seinem jüngsten Projekt, dem von ihm initiierten Netz werk der „Caring Community Göttingen" - einer „Sorgenden Gemeinschaft" - will Nauck die Zusammenarbeit von den Akteurinnen und Akteuren des Gesundheitswesens auf der einen und bürgerschaftlichem, ehrenamtlichem Engagement auf der anderen Seite erreichen: „Die Integration der Themen rund um Sterben und Tod in die Gesellschaft."

Im sich anschließenden, nicht allen zuvor bekannten Programmteil der Abschiedsvorlesung warteten dann noch einige Überraschungen aufNauck: Das StreichquintettderCamerata Medica, des Fakultätsorchesters der Universitätsmedizin Göt-fingen, umrahmte nicht nur die Abschiedsvorlesung musikalisch. Als Dank für die Unterstützung des Palliativmediziners während seiner Zeit als langjähriger Vorsitzender des Ärztevereins Göttingen und als Vorstandsmitglied der Bezirksstelle Göttingen der Ärztekammer Niedersachsen erhielten Nauck und seine Frau zwei „Camerata-Dauerfreikarten": die ersten und einzigen, wie die Geigerin Anna-Luise Lehmann bei der Übergabe sagte. Jan-Thomas Ockershausen, Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung für das Palliativzentrum der Universitätsmedizin Göttingen, steuerte ebenfalls eine launige Rede bei und übergab - als Abschiedsgeschenk für Nauck- Kathrin Heiß vom Ehrenamtlichen Dienst der Klinik ein E-Bike, das
bei ambulanten Besuchen zum Einsatz kommen soll.

Mit der Ehrenplakette der Arztekammer Niedersachsen überraschte Nauck dagegen der Vorsitzende der AKN-Bezirksstelle Göttingen Dr. med. Stephan Bartels gemeinsam mit Dr. med. Gesine Benze. Die leitende Oberärztin und ab Anfang Oktober kommissarische Direktorin der Klinik für Palliativmedizin hielt die Laudatio - auch stellvertretend für das Team des Palliativzentrums Göttingen - und ließ dabei viele Stationen von Naucks Werdegang Revue passieren. Neben vielen Verdiensten würdigte Benzezum Beispiel, dass Nauck entscheidenden Anteil an derVerankerung des Konzepts „Behandlung im Vo- raus planen (BVP)" in der Region hatte. Dieses Angebot diene dazu, im Rahmen eines begleitenden Prozesses Behandlungswünsche von Menschen am Lebensende transparent zu dokumentieren, sagte dieÄrztin. Vor allem aber die Menschlichkeit, mit denen er allen begegne, zeichne ihn aus, hob Benze abschließend hervor. Daran knüpfte seinerseits der Bezirksstellenvorsitzende Bartels an und überreichte die mit der ÄKN-Ehrenplakette verbundene Medaille, Anstecknadel und Urkunde: „Professor Nauck, wir danken Ihnen, dass Sie Ihre Energie, Ihre Kompetenz und Ihre hilfsbereite, verständnisvolle Haltung uns allen zur Verfügung gestellt haben."

Für alle überraschend stimmte zum Ende der Abschiedsvorlesung die Musiktherapeutin des Palliativzentrums Göttingen Ulle Pfefferle mit ihrer Querflöte einen zuvor mit Naucks Team eingeübten Flashmob mit dem mehrstimmig vorgetra-
genen Lied „Möge die Straße uns zusammenführen (Irische Segenswünsche)" an: Viele der Anwesenden sangen mit und das war ein für alle sehr bewegender, emotionaler und sicher in Erinnerung bleibender Moment.

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