Autonomie und Vertrauen im klinisch-praktischen Kontext der Behandlungsentscheidungen am Lebensende

Sonja Owusu Boakye, Gabriella Marx, Bernd Alt-Epping, Friedemann Nauck

Hintergrund

Mit Inkrafttreten des 2009 verabschiedeten Patientenverfügungsgesetzes wurde ein Zeichen für die Anerkennung der individuellen Handlungs- und Entscheidungsfreiheit von Patient*innen gesetzt. Dadurch erfolgt auch rechtlich eine Stärkung der Patient*innen in sie betreffenden Fragen, wie die Durchsetzung von bestimmten Behandlungsmaßnahmen (z.B. in Patientenverfügungen). In Zeiten einer sich stetig modernisierenden Medizin sind Behandlungsmaßnahmen und ihre Konsequenzen aufgrund ihrer Komplexität nicht immer vollkommen abzuschätzen. Besonders am Ende des Lebens kann dies eine Herausforderung für die Patient*innen darstellen, da Entscheidungen nur in einem begrenzten Zeitrahmen getroffen werden können und häufig nicht mehr zu revidieren sind. Demgegenüber kann interpersonales Vertrauen, d.h. Vertrauen in die medizinischen Kompetenzen dazu verhelfen, Entscheidungskomplexität aufzuheben und Unsicherheiten zu minimieren. Unklar ist jedoch, wie Autonomie und Vertrauen sich in der konkreten Entscheidungssituation äußern und welchen Stellenwert diese für Patient*innen mit progredienten Erkrankungen am Lebensende für ihre Angehörigen und für die Behander*innen einnehmen.

Ziel

Die Studie ist Teil des interdisziplinären Gesamtprojektes "Autonomie und Vertrauen in der modernen Medizin: Erkenntnis - Praxis - Norm" der Georg-August-Universität Göttingen. Ziel dieser Studie ist es, anhand von Interviews mit Patient*innen und ihren Angehörigen sowie Ärzt*innen und Pflegekräften zu ergründen, wie Autonomie und Vertrauen im Rahmen einer schweren Erkrankung ausgehandelt werden, in welchem Verhältnis sie zueinander stehen und welchen Einfluss die jeweiligen Konstruktionen von Autonomie und Vertrauen auf den Prozess der klinischen Behandlungsentscheidung haben.

Design / Methode

Das qualitative Design hat drei Schwerpunkte:

Biographisch-narrative Interviews mit Patient*innen mit schweren, unheilbaren und weitfortgeschrittenen Erkrankungen. Im Fokus stehen dabei die Lebensgeschichte und das individuelle Krankheitserleben der Patient*innen.

Fokussierte Interviews mit Angehörigen und/oder Ärzt*innen der Patient*innen zur jeweiligen Perspektive und ihrem Erleben des Krankheitsverlaufs.

Fokussierte Gruppendiskussionen mit Ärzt*innen und Pflegekräften zu ihren praktischen Erfahrungen und ihrem Verständnis von Autonomie und Vertrauen.

Die Datenauswertung erfolgt mit der Grounded Theory hinsichtlich der unterschiedlichen Konzeptionen und Bedeutungszuschreibungen von Autonomie und Vertrauen. Dabei stehen vor allem die Interaktionen der Patient*innen mit ihren Angehörigen und dem medizinischen Personal im Vordergrund.

Projektdaten

Förderer: Volkswagen Stiftung

Projektlaufzeit: 10/2010 - 03/2014

Kooperationspartner: Rainer Anselm, Gunnar Duttge, Volker Lipp, Silke Schicktanz, Holmer Steinfath, Claudia Wiesemann

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